Wyrd & Örlog: Das „Karma“ der Nornen

Die Nornen spinnen den Lebensfaden. Jeder hat sein eigenes Schicksal zu tragen. Oder bestimmt jeder sein eigenes Schicksal? Und was sind so mystische Wörter wie Wyrd oder Örlog, über die man manchmal stolpert und jeder irgendwie anders versteht, wenn überhaupt?

Als ich diesen Post von Thorin Ruriksson gefunden habe, war ich beeindruckt, wie er das Verständnis von Zeit, vorbestimmtem Schicksal und Selbstverantwortung greifbar erklären konnte, und so möchte ich ihn euch nicht vorenthalten:

Die zwei wichtigsten Dinge, wenn wir über das Konzept der Vorausbestimmung im Heidentum sprechen, sind Wyrd und Orlög. Dies sind zwei Konzepte, die essentiell sind für ein Verständis dafür, wie ein Heide gedacht hat. Um diese zu verstehen, muss man die Art verstehen, wie wir die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft an sich betrachten. Dies mag ein etwas langer Post sein, verzeih mir dafür.

Also fangen wir an mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Vergangenheit ist das was geworden ist. Sie steht fest und sie verändert sich nicht. Das ist nicht so viel anders, als das was wir uns gewohnt sind zu denken, aber du musst im Hinterkopf behalten, dass diese drei Dinge immer miteinander verbunden sind. Für einen Heiden, die Vergangenheit ist die wichtigste Sache, weil es ist das einzige, was ist. Alles andere ist, auf eine Art, im Wandel, aber die Vergangenheit ist in Stein gemeisselt. Die Gegenwart betrachtet man am Besten als das, was in Entstehung ist. Sie ist weniger eine eigene Sache, sondern die vorderste Angrenzung der Vergangenheit, die Ebenen von dem was am Entstehen ist, währen diese festgesetzt werden. Während dies ein eigenes Konzept ist, existiert es, aus heidnischer Sicht, nur um zu verstehen, wie die Vergangenheit funktioniert. Falls du es jetzt nicht merkst (oder nicht schon wusstest), die Vergangenheit ist eine ernste Sache. Wir erschaffen sie, und sie erschafft uns. Das ist im Kern der Unterschied, zwischen dem was was geworden ist und das was am werden ist… Das was geworden ist, erschafft uns und wir erschaffen, was am werden ist.

Nun haben wir noch die Zukunft. Manche haben es beschrieben, als das was werden wird, aber eine noch bessere Beschreibung wäre ‚Das, was werden kann‚. Wie kommt man auf sowas? Nun, wenn das was geworden ist uns formt, und das was am werden ist von uns geformt wird, das was werden kann, sind die Möglichkeiten die am Ende noch offen sind. Die Möglichkeiten was werden kann sind nicht endlos… Und sie reduzieren sich ständig währen das was am werden ist, nun, wird. Jede Entscheidung, die wir treffen addiert sich zu dem was geworden ist, aber von dem was werden kann abgezählt. 

Machen wir weiter, wo wir angefangen haben: Wyrd und Orlög. Orlög sind die Schichten von dem, was geworden ist. Der Kosmos hat Orlög, diese Dinge, die Fakt sind, die feststehen und nicht verändert werden können. Die Gesetze der Physik sind Orlög (selbst wenn wir sie nicht zu 100% verstehen..). Aber Orlög kann man, wie bereits erwähnt, in Ebenen sehen. Madgaard hat Orlög, so auch die Menschheit. Dein Volk hat Orlög, deine Familie hat Orlög und (vermutlich am wichtigsten für deine Frage, auch wenn es nicht komplett vom Rest getrennt werden kann) du hast Orlög. Dies sind die Dinge die du getan hast, die Dinge die man dir antat, deine Entscheidungen, die Entscheidungen anderer die dich beeinflusst haben… Kurz gesagt, all die Dinge, die dich seit Anfang zu dem machen, was du bist. Dies sind die Dinge, die du nicht ändern kannst. Oft wird gesagt, dass ein Mann die Summe seiner Taten ist, wenn das christliche Konzept der Erlösung mit unserem Konzept der Selbstverantwortung verglichen wird. Das ist der Grund dafür. Niemand kann Orlög ändern, nicht wir, nicht die Götter, nicht die Nornen. Orlög ist der Kern von dem was geworden ist. Unser Wyrd ist die Erschaffung unserer Vergangenheit. Es ist, auf eine Art, die Kombination von dem, was am werden ist und dem, was werden kann. Unsere persönliche Geschichte in der Entstehung. 

Ein Vergleich, den ich mag: Stell dir das vor wie ein Lehmklotz. Der Klotz aus Lehm ist dein Orlög, was du damit machen kannst ist dein Wyrd. Dein Wyrd ist die Form, die du ihm gibts und die du ihm bereits gegeben hast. Aber diese Form ist eingeschränkt vom Klotz selber, vom Material mit dem du arbeiten musst. Natürlich hast du nur das, mit dem du arbeiten kannst. Es ist kein unendlicher Lehmklotz. Aber du kannst den Block formen, wie du willst, innerhalb dieser Begrenzung.

Okay, jetzt wo wir das abgedeckt hätten, was hat das zu tun mit vorbestimmtem Schicksal?
Ich glaube, das kannst du dir mittlerweile selbst vorstellen. Dieser Lehmblock ist auf viele Arten eingeschränkt. Was du daraus machen kannst, ist nicht nur abhängig vom Material, er hat auch ein Anfang und ein Ende. Der Vergleich ist dieser, den Anfang, deine Geburt, kennt man. Ebenso das Ende, deinen Tod. Was nicht festgelegt ist, ist die Form, die du daraus machst. Eines meiner liebsten Zitate aus den überlieferten Quellen ist aus dem Skirnismál:

„Kühnheit steht besser
als Klagen ihm an,
Der da fertig ist zur Fahrt.
Bis auf Einen Tag
ist mein Alter bestimmt
Und meines Lebens Länge.“

Skirnismál

Nun also die Schlussfolgerung hier, sind unsere Schicksale vorherbestimmt? Irgendwie schon. Das Problem liegt beim Wort Schicksal… Es spielt keine Rolle in dieser Diskussion. Wir haben Wyrd und wir haben Orlög. Diese bedeuten alles.



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